Liquiditätsprobleme treten jetzt erst zutage

Deutsche Unternehmen sind auch Dank staatlicher Hilfen gut durch die Krise gekommen. Doch die finanziellen Folgen zeigen sich jetzt – mit Folgen auch für Kreditgeber.

Interview mit Marc Knothe & inpactmedia


Vor kurzem erschien der von Intrum jährlich herausgegebene European Payment Report. Wie steht es um die Zahlungsfähigkeit deutscher Unternehmen nach der Pandemie?
Als Marktführer im Kreditmanagement untersuchen wir mit diesem Report seit vielen Jahren durch Befragungen von über 11.000 Unternehmen aller Größen die Auswirkungen von Zahlungsverzug auf die Wirtschaft in Deutschland und Europa. Der aktuelle Report liefert für Deutschland drei wesentliche Erkenntnisse. Erstens hat die Pandemie zwar zu einer unsicheren Situation geführt, doch nicht zuletzt durch die staatlichen Hilfen sind die Verwerfungen geringer als befürchtet. Das Stimmungsbild ist inzwischen eigentlich recht positiv. Und manche Branchen wie der Online-Handel oder die Logistik haben erheblich gewonnen, ebenso hat die Digitalisierung von Geschäftsprozessen einen großen Schub bekommen. Zweitens beobachten wir für 2020 interessanterweise eine Verringerung der Zahlungslücken, d.h. im privaten, kommerziellen und im öffentlichen Sektor dürften staatliche Förderungen dazu beigetragen haben, dass Rechnungen im Schnitt schneller bezahlt werden konnten im Vergleich zu den Vorjahren. Der dritte Punkt ist, dass sich diese Verringerung durch den Wegfall der Förderungen aber ändern wird – die Liquiditätsprobleme treten jetzt erst zutage. Das sehen auch die Unternehmen so. 2019 erwarteten nur 17 Prozent der Befragten einen Anstieg von Zahlungsverzügen, im aktuellen Bericht sind es 62 Prozent.  Allerdings rechnen wir nicht mit einem „Tsunami“, auch nicht bei Insolvenzen. Wir gehen eher davon aus, dass Zahlungsverzüge, Zahlungsausfälle und auch Insolvenzen in mehreren Wellen die Wirtschaft die kommenden 4-5 Jahre noch beschäftigen werden. Meines Erachtens werden hierbei vor allem KMUs betroffen sein.

Was bedeutet das für Kreditgeber, also vor allem für Banken?
Nehmen wir die KMUs. 2020 wurden in Europa Kredite in Höhe von rund 850 Milliarden Euro an sie vergeben, von denen wie oben skizziert viele potenziell in Gefahr sind. Und ich fürchte, dass die Banken auf so einen Worst Case nicht vorbereitet sind. Sie haben schlicht ein Ressourcen- und ein Prozessproblem. Administrative Backoffice-Bereiche in den Banken wurden in den letzten Jahren ausgedünnt und zu wenig wurde in Personal, Prozesse und Digitalisierung investiert, um nun mit einer steigenden Zahl an zahlungsunfähigen oder säumigen Kunden bestmöglich umzugehen. Selbst die erwähnten kleineren Wellen von Zahlungsverzögerungen, Ausfällen oder Insolvenzen – ob es sich nun um KMUs oder Konzerne handelt – könnten die Banken überfordern.

Was sollte geschehen, um das abzufedern?
Die Banken müssen ihren Kunden rasch und ausreichend helfen können, wenn es zu Problemen kommt. Dafür braucht es in beiden Fällen bei steigendem Volumen ausreichend ausgebildetes Personal, digitalisierte und effiziente Prozesse. Dabei helfen Unternehmen wie Intrum. Wir stellen z.B. Personal – in Form von klassischem Outsourcing etwa von Mahn- und Bearbeitungsprozessen, oder als sogenanntes White Labeling, das heißt, unsere Mitarbeiter arbeiten im Namen der Bank. In jedem Fall geht es darum, rasch, professionell, kundenfreundlich und sensibel zu agieren. Denn entscheidend ist ja, Unternehmen zu unterstützen, sie als Bankkunden zu halten und zugleich die Banken selbst nicht in eine Notlage zu bringen. So helfen wir, das Ressourcen- bzw. auch Digitalisierungsproblem zu lösen, die Banken können sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Bei Bedarf kaufen wir auch notleidende Portfolien auf und sichern den Banken oder Unternehmen kurzfristig Liquidität.

Der aktuelle European Payment Report ist hier erhältlich.